Schaufenster der Region

Architektur und Bauweise drücken den Anspruch des Hauses als »Forum und Schaufenster der Region« aus. Das Haus steht als Symbol für das waldreiche Gebiet, als touristische Attraktion, als Stützpunkt für Naturtourismus und Umweltbildung – und als Modell und Medium für nachhaltige Entwicklung. Kreative Ideen zur bestmöglichen Umsetzung all dieser Vorgaben wurden in einem Architektenwettbewerb ermittelt. Als Sieger ging der schließlich verwirklichte Entwurf hervor.

Er verkörpert Nachhaltigkeit durch

  • Einbindung in die landschaftliche Umgebung
  • die energetische Optimierung von Grundriss und Ausrichtung des Hauses
  • die Verwendung nachwachsender und regionaler Bau- und Werkstoffe
  • den Einsatz regenerativer Energiequellen
  • die Möglichkeit zur Beauftragung regionaler Handwerksbetriebe bei allen Gewerken
Man sieht Das Haus der Nachhaltigkeit sowie das umliegende Gelände aus der Vogelperspektive.
Das Haus der Nachhaltigkeit

Selbst Gebäudeelemente, die vordergründig allein dem Besucherkomfort dienen, wurden mit tieferem Sinn geplant. Sie erfüllen weitere Funktionen im Sinne der nachhaltigen Gesamtphilosophie: So ermöglicht die Dachterrasse nicht nur attraktive Ausblicke auf den historischen Flecken Johanniskreuz, sondern dient mit Dachbegrünung, Sonnenkollektor und Photovoltaikelementen auch als praktisches Anschauungsbeispiel in Sachen »Nachhaltiges Bauen«. Der regenwassergespeiste Gartenteich mit attraktiver Holzplattform dient nicht nur dem Relaxen der Besuchenden, sondern sorgt in Verbindung mit Lüftungsklappen an der verglasten Südfront im Sommer für die natürliche Zufuhr kühler Luft ins Gebäudeinnere. Und die großzügigen Glasfassaden schaffen nicht nur eine helle und freundliche Atmosphäre, sondern tragen zur passiven Nutzung der Sonnenenergie und damit zur aktiven Energieeinsparung bei.

Baustoff

Im Gegensatz zu den meisten anderen Rohstoffen, die wir heute unwiederbringlich verbrauchen, wächst unser heimisches Holz immer wieder nach. Für die Ernte und Verarbeitung muss außerdem nur wenig Energie eingesetzt werden, der Transport ist ungefährlich und geschieht auf kurzen Wegen. Bei der dauerhaften Verwendung von Holzprodukten wird Kohlendioxid langfristig festgelegt – ein in unserer heutigen Zeit wichtiger Beitrag zu einem aktiven Klimaschutz!

Im Forstamt Johanniskreuz in unmittelbarer Nähe zum Haus wurden rund 1.000 Kubikmeter Holz geerntet, anschließend in Pfälzer Sägewerken eingeschnitten und schließlich zu Brettstapelelementen für Böden, Wände und Decken verarbeitet. Die nachhaltige Erzeugung des Holzes ist durch FSC (Forest Stewardship Council) zertifiziert.

Man sieht die Außenwände aus heimischem Holz und Sandstein mit Blick durch Blüten und grüne Blätter
Wände aus heimischem Holz und Sandstein

Durch die Anwendung handwerklicher Fertigungstechniken mussten kaum Vorprodukte aus industriellen Fertigungszentren in das Biosphärenreservat importiert werden. So konnte die Wertschöpfung überwiegend in der Region verbleiben und Arbeit und Einkommen gesichert werden. Dank der mit Holz leicht umsetzbaren Niedrigenergie- und Passivbauweise gestalten sich die laufenden Betriebskosten günstig. Mit Kiefer, Eiche, Buche, Douglasie und Fichte sind in unserem Gebäude die wichtigsten Holzarten des Biosphärenreservates Pfälzerwald verbaut. Im Sinne eines modellhaften Wissenstransfers können die Gäste die je nach Holzart unterschiedlichen und typischen Einsatzbereiche erleben und dieses Wissen anhand von Informationstafeln vertiefen.

Energiekonzept

Einfach faszinierend: Die Photosynthese, dieser natürliche, biochemische Prozess, der in den Blättern unserer Bäume abläuft. Mit Hilfe der Sonnenenergie wird aus Wasser, den Mineralstoffen des Bodens und durch unschädliche Bindung des Treibhausgases Kohlendioxid (CO2) aus der Luft neue Biomasse, also auch Holz, gebildet. Beim Verbrennen von Holz wird die beim Wachstum eingesetzte Sonnenenergie wieder frei. Beheizt wird das 500m² große Gebäude natürlich mit Holz, und zwar in einer vollautomatischen Pelletheizung. Bei der Warmwassererzeugung unterstützen Sonnenkollektoren. Eine 50m² große Photovoltaikanlage auf dem Dach erzeugt Solarstrom in einer Menge, die ungefähr dem halben Jahresbedarf des Hauses der Nachhaltigkeit entspricht. Die nach Süden ausgerichteten Glasfassaden komplettieren mit der passiven Nutzung der Sonnenenergie das solare Energiekonzept. Dazu gehört auch der regenwassergespeiste Gartenteich. In Verbindung mit speziellen Lüftungsklappen an der verglasten Fensterfront sorgt das verdunstende Wasser im Sommer für die natürliche Zufuhr kühler Luft ins Gebäudeinnere. Sämtliche Komponenten des nachhaltigen Energiekonzeptes sind im Haus erläutert und für die Besucher zugänglich.

Solar- und Photovoltaikanlage auf dem Dach des Gebäudes
Solar- und Photovoltaikanlage am HdN

Regenwassernutzung

Im Haus der Nachhaltigkeit wird Regenwasser auf einer 250m² großen Dachfläche aufgefangen und in zwei je 7 m³ fassenden Zisternen gesammelt. Wenn man unsere Toiletten benutzt, dann spült man mit diesem Wasser. Wir füllen in Trockenperioden den Teich an der Südfassade damit auf, bewässern außerdem unsere Gartenanlage und könnten dieses Wasser sogar zum Putzen nutzen. Das Funktionsprinzip ist denkbar einfach: Auf einem Dach gesammeltes Regenwasser läuft über die Fallrohre und einen Filter in den Regenwasserspeicher (Zisterne). Von dort wird es mit einer Pumpe in das Hauswasserwerk gefördert. Die Verbrauchsstellen werden von hier aus versorgt. Grundsätzlich kann Regenwasser hygienisch unbedenklich für die WC-Spülung, für Waschmaschinen, die Gartenbewässerung und als Putzwasser genutzt werden.

Die Systeme zur Nutzung von Regenwasser haben sich zu einer mittlerweile dauerhaft betriebssicheren Technik für Haushalte entwickelt. Sie ist anerkannt ökologisch und nachhaltig. Der Trinkwasserverbrauch wird um bis zu 50% reduziert, Kanäle werden durch geringere Mengen an Oberflächenwasser entlastet. Die Speicherung von Regenwasser ist auch eine vorbeugende Maßnahme zum Schutz vor Hochwasser an unseren Flüssen. Da Regenwasser sehr weich ist, also nur geringe Kalkanteile hat, ist beim Wäschewaschen außerdem weniger Waschmittel notwendig.

 

Ein Kunstwerk für das Haus der Nachhaltigkeit

Im Herbst 2008 wurde auf dem Außengelände beim Haus der Nachhaltigkeit ein Kunstwerk errichtet. Es soll sowohl zum Gebäude einen Bezug haben als auch zum Wesen und Auftrag des Biosphärenreservats passen. Dazu wurden vier Bildhauer aufgefordert, zu dieser Aufgabenstellung Vorschläge einzureichen. Ein Gremium aus zwei Kunstsachverständigen und zwei Vertretern von Landesforsten Rheinland-Pfalz hat sich am 25.06.2008 für den Entwurf ‚Netzwerk-Globus’ von Reinhard Haverkamp entschieden.

Eine Besonderheit in dem Verfahren war, dass die Bevölkerung involviert wurde und sich an der Auswahl beteiligen konnte. Jeder der wollte war aufgefordert seine Meinung entweder im Internet oder auf einem Meinungsboard im Haus der Nachhaltigkeit schriftlich zu äußern. Bei der Entscheidung wurde auch dieses öffentliche Votum berücksichtigt.

Erläuterungen zum Wettbewerbsbeitrag von Reinhard Haverkamp

Die vorgeschlagene Arbeit zeigt die luftige Konstruktion einer sphärischen Form von 5m Durchmesser, bestehend aus Holzstäben und Tau. Hauptmerkmale sind neben der Dimensionierung die Einfachheit und Prägnanz der Kugelform sowie die besondere Art der Konstruktion.

Das Haus der Nachhaltigkeit möchte Publikumsmagnet sein, um seine Botschaft vermitteln zu können. Soll eine Skulptur hierzu beitragen können, muss sie schon von der Strasse aus ins Auge fallen. Die vorgeschlagene Skulptur weckt Aufmerksamkeit durch ihre Höhe und Voluminösität. Die luftige Konstruktion gewährleistet dennoch Leichtigkeit. Als Kugel ist die Gesamtform schnell auffassbar und wird somit unschwer als Zeichen gelesen werden können. Den Standort »Haus der Nachhaltigkeit« zu bezeichnen und den Ort zu definieren, ist demnach eine Funktion des Kunstwerkes.

Während das Gebäude sich flach dem Boden anschmiegt, liegt die Kugel nur leicht auf der Bodenoberfläche auf und bildet damit einen Kontrast auch zu den im wesentlichen kubischen oder scheibenförmigen Grundelementen des
Hauses.

Tritt man näher hinzu, fällt die Besonderheit der Konstruktion ins Auge: Ein System aus druckbelasteten Stäben und zugbelasteten Seilen bildet ein spannungsreiches Zusammenspiel von Kräften, das die Stabilisierung der Kugel bewirkt. Die Spannung der Achse im Inneren der Kugel verpflanzt sich über die Stäbe auf die 3 »Breitenkreise« und spannt diese ringförmig auf. Das Kappen des Seils in der Achse hätte den sofortigen Kollaps des Systems zur Folge.

Optisch findet diese Konstruktionsform ihren Ausdruck in dem Erlebnis von Leichtigkeit und Ausgewogenheit, aber auch Verletzlichkeit. Damit ist die Verbindung zur symbolischen Bedeutung der Skulptur hergestellt: Mit seiner schräggestellten Achse unschwer als Erdkugel interpretier- bar, wird das aufeinander abgestimmte Zusammenwirken der konstruktiven Kräfte mit dem verletzlichen Gleichgewicht des Ökosystems Erde assoziiert. Damit beschreibt die Skulptur letztlich die Problematik, auf welche das Haus der Nachhaltigkeit als Institution aufmerksam machen will. Sie beinhaltet den globalen Aspekt der lokalen Bemühungen, sie thematisiert das Netzwerk der beteiligten Akteure, die
nur in abgestimmter Kooperation das empfindliche System aufrechterhalten können.

Nach dem Hitzesommer 2018 kollabierte das Kunstwerk. Die Konstruktion hielt den Extremtemperaturen und den fehlenden Niederschlägen nicht mehr stand. In der Realität erfüllte sich somit Haverkamps Botschaft.

Idee

Das Haus der Nachhaltigkeit wurde mit unseren Architektinnen rabaschus und rosenthal realisiert.