Die Herren der Ringe
Dendrochronologie heißt die Wissenschaft vom Baumalter. Dendrochronologen sind mit ihren Fähigkeiten in der Geowissenschaft, der Archäologie, der Kunstwissenschaft und der Dendroökologie gefragte Experten. Den Fachleuten gelingt es, die in den Jahrringen von Bäumen verborgenen Botschaften zu dechiffrieren. Der Grund dafür ist, dass für alle Bäume einer Art in einem bestimmten Gebiet die Lebensbedingungen annähernd gleich sind. Alle Bäume einer Art dieser Region haben demzufolge auch ungefähr die gleiche charakteristische Abfolge von schmalen und breiten Jahresringen. Das Haus der Nachhaltigkeit hat am 10. März zwei dieser sehr seltenen Vertreter ihrer Art zu Gast. Sie berichten von ihrer Arbeit und den erstaunlichen Geheimnissen, die sie lüften konnten. Bei der Vortragsveranstaltung in Johanniskreuz sprechen Dr. Thorsten Westphal, Curt-Engelhorn-Zentrum Archäometrie, Mannheim, und Arno Braun, Lehrstuhl für Vor- und Frühgeschichte an der Universität des Saarlandes, Saarbrücken. Thorsten Westphal hat sich im Laufe seines Berufslebens schon mit Holzproben befasst, die bis an das Ende der letzten Eiszeit herangereicht haben. Dagegen kann der in Wolfstein wohnhafte Archäologe Arno Braun erklären, wie er Fachwerkhäusern aus seiner Nordpfälzer Heimat so manches Rätsel entlocken konnte. Dabei ist fast wie von selbst eine ökologische Zeitreihe entstanden, die wie eine Art Kalendarium in unsere Pfälzer Vergangenheit führt und die es vorher so nicht gab.
Eine Teilnahme an der Veranstaltung ist bei freiem Eintritt und ohne Voranmeldung ab 14 Uhr möglich.
Hintergrundinfos zu den Beiträgen
Dr. Thorsten Westphal:
„Holz ist ein Kalender für Mensch und Umwelt. Die Dendrochronologie - Grundlagen, Arbeitsweise, Aussagemöglichkeiten und -grenzen sowie ihr Einsatz in archäologischer, historischer und klimatischer Forschung
Nicht nur weil Holz bis in die Neuzeit das am häufigsten verwendete Bau-, Werk- und Heizmaterial darstellte, faszinieren Bäume den Menschen seit jeher. Sie enthalten jedoch weit mehr Information als nur die Aussage zu ihrem Lebensalter. In einem etwa 80-90-minütigen Vortrag wird ein kurzer Einblick in den Facettenreichtum der Arbeit eines Dendrochronologen gegeben. Anhand vorwiegend archäologischer Beispiele werden die Grundlagen, Arbeitsweise sowie Aussagemöglichkeiten und -grenzen der Jahrringforschung als Datierungsmethode für Holz unbekannten Alters erläutert. Die Einbindung dieser Spezialdisziplin in Untersuchungen zu Wald-, Landschafts- und Klimaentwicklung sowie zu Wechselwirkungen zwischen Mensch und Umwelt werden ebenso vorgestellt.“
Arno Braun, M.A.:
„Holz dient in Mitteleuropa seit Jahrtausenden als Baumaterial und ist in unseren Breiten als in jeder Hinsicht günstiger Rohstoff verfügbar. Bis weit in die Neuzeit wurde die Masse der Gebäude daraus errichtet, aber selbst im 19. und frühen 20. Jahrhundert wurden Inneneinteilungen vielfach noch in Fachwerktechnik ausgeführt. Dies gilt umso mehr für Dachkonstruktionen und Geschossdecken, und das bis in jüngste Zeit. Der Baustoff Holz umgibt uns bis heute überall und erlebt in den letzten Jahren sogar eine Renaissance. Erst spät wurde dieses Potential auch für die historische Forschung und Denkmalpflege entdeckt. Heute weiß man dank dendrochronologischer Untersuchungen: Die ältesten noch bestehenden Gebäude Deutschlands sind zwischen 700 und mehr als 800 Jahre alt. Dabei muss man nicht in die Ferne schweifen. Widmet man sich dem Thema, ergeben dendrochronologische Untersuchungen von Bauhölzern so manche Überraschung in der direkten Nachbarschaft. Genau davon möchte der Vortrag an einigen Beispielen berichten, gehalten von jemandem, der sich dem Thema aus persönlichem Interesse zunächst als Laie genähert hat.“